Die Bundesregierung verpflichtet mit ihrem Heizungstauschgesetz alle Hausbesitzer, innerhalb weniger Jahre Öl- und Gasheizungen gegen elektrisch mit Ökostrom betriebene Wärmepumpen auszutauschen.
Physikalische
Grundlagen:
Machen wir einen kleinen Ausflug in die Thermodynamik, um den weitgehenden Unsinn dieser Maßnahmen und ihre wirtschaftlichen Folgen zu analysieren: Gehen wir dabei von folgenden Grundannahmen aus: Im Winter und in der Übergangszeit sollte jede Wohnung so beheizt werden können, dass mindestens 20 Grad erreicht werden, und zwar unabhängig davon, welche Außentemperatur gerade herrscht, z.B bei plus 10 Grad, bei null Grad, ebenso wie bei minus 10 Grad, Temperaturen also, die in jedem Winter in unseren Breiten vorkommen.
Jede Heizung, die eine konstante Innentemperatur halten soll, hat die Wärmemenge auszugleichen, die in Folge von Wärmeleitung durch die Außenwände gerade verloren geht. Letztere – nennen wir sie Q – ist abhängig von der Qualität der Isolierung der Außenwände, je besser diese ist, umso kleiner ist Q, und sie ist proportional zur Temperaturdifferenz zwischen Innen- und Außentemperatur. (Fourier’s Gesetz). Das bedeutet, dass in unserem Beispiel der Wärmeverlust durch Wärmeleitung, der nach unserer Annahme bei 20 Grad Innentemperatur und plus 10 Grad Außentemperatur (Temperaturdifferenz 10 Grad) Q betragen haben möge, bei einer Außentemperatur von nur null Grad (Temperaturdifferenz 20 Grad) doppelt so hoch ist wie bei 10 Grad Außentemperatur. Entsprechend gilt bei einer Außentemperatur von minus 10 Grad (Temperaturdifferenz zwischen innen und außen 30 Grad) ein Wärmeverlust der dreifachen Menge von Q. Jede Heizung, gleich welchen Typs, muss die verlorengehende Wärmemenge kontinuierlich ersetzen, entweder durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe oder durch elektrische Energie.
Leider ist es nun so, dass auf Grund des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik der Wirkungsgrad einer Wärmepumpe, die ja Wärme aus der kalten Außenluft oder kaltem Außenwasser mit höherer Temperatur in den Innenraum transportiert und dabei als „Pumpenergie“ elektrischen Strom benutzt, mit sinkender Außentemperatur bei konstanter Vorlauftemperatur des Heizmittels – in der Regel Wasser - abnimmt. Der Wirkungsgrad einer Wärmepumpe in Abhängigkeit von der Vorlauftemperatur des Heizmittels und der Außenluft- oder Außenwassertemperatur wird mit dem COP-Faktor erfasst. Das ist das Verhältnis der transportierten Wärmemenge zur eingesetzten elektrischen Energie. COP wird in entsprechenden Grafiken für real existierende Wärmepumpen dargestellt, z.B. hier *1).
Untersuchen wir, wie sich der elektrische Energiebedarf einer Luft-Wärmepumpe bei einem Absinken der Außentemperatur Ta von plus 10 Grad zunächst auf null Grad und dann auf minus 10 Grad erhöht: Hierzu müssen wir unter den jeweiligen Randbedingungen den Wärmeverlust Q auf Grund der Wärmeleitung bei plus 10 Grad, 2Q bei 0 Grad, 3Q bei minus 10 Grad Außentemperatur multiplizieren mit dem Quotienten des COP-Faktors der Wärmepumpe.
Zunächst bei einer Vorlauftemperatur des Heizungswassers von 35 Grad: Mit 35 Grad ist die ausreichende Wärmeversorgung einer Wohnung bei 20 Grad Innentemperatur nur realisierbar mit einer flächendeckenden Fußbodenheizung: Ta = Außentemperatur: COP-Werte siehe *1)
Ta = 10 Grad : COP = 5,1 Elektrischer Energiebedarf E(10) = 1 / 5,1 * Q = 0,2 * Q
Ta = 0 Grad : COP = 4,0 Elektrischer Energiebedarf E(0) = 1 / 4,0 * 2Q = 0,5 * Q
Ta = -10 Grad: COP = 2,9 Elektrischer Energiebedarf E(-10) = 1 / 2.9 * 3Q =1,03 * Q
Das bedeutet: der elektrische Energiebedarf der Luftwärmepumpe ist bei einer Außentemperatur von null Grad um 0,5 / 0,2 = 2,5 mal höher als bei einer Außentemperatur von plus 10 Grad. Bei einer Außentemperatur von minus 10 Grad, erhöht sich der elektrische Energiebedarf sogar um den Faktor 1,03 / 0,2 = 5,2 gegenüber dem Bedarf bei einer Außentemperatur von plus 10 Grad.
Und nun die gleiche Rechnung mit einer Vorlauftemperatur des Heizungswassers von 55 Grad:
55 Grad sind mindestens erforderlich, um mit konventionellen Heizkörpern („Radiatoren“) bei negativen Außentemperaturen noch 20 Grad Innentemperatur realisieren zu können.
Ta = 10 Grad : COP = 3,0 Elektrischer Energiebedarf E(10) = 1 / 3,0 * Q = 0,33 * Q
Ta = 0 Grad : COP = 2,2 Elektrischer Energiebedarf E(0) = 1 / 2,2 * 2Q = 0,91 * Q
Ta = -10 Grad: COP = 1,4 Elektrischer Energiebedarf E(-10) = 1 / 1,4 * 3Q = 2,14 * Q
Unter diesen Bedingungen ist der elektrische Energiebedarf bei einer Außentemperatur von null Grad um den Faktor 0,91 / 0,33 = 2,76 und bei einer Außentemperatur von minus 10 Grad um den Faktor 2,14 / 0,33 = 6,5 höher als bei der Vergleichsaußentemperatur von plus 10 Grad.
Die Lehre aus diesen Berechnungen ist klar: eine Wärmepumpenheizung ist nur dann sinnvoll, wenn die thermische Isolierung des Hauses sehr gut ist, so dass der Wärmeverlust nach außen, die Größe Q in den Rechnungen, klein ist. Außerdem sollte die Vorlauftemperatur des Heizungswassers nach Möglichkeit nicht über 35 Grad steigen, somit ist eine hinreichend dimensionierte Fußbodenheizung nahezu obligatorisch. Das alles lässt sich aber nur bei Neubauten noch halbwegs bezahlbar realisieren. Wohnungsbestand, der 20 Jahre und älter ist, lässt sich nur mit enormen Kosten, wenn überhaupt, energetisch soweit sanieren, dass ein Umstieg auf Wärmepumpenheizung überhaupt sinnvoll und von den Betriebskosten her bezahlbar ist. Hierzu wären bei Einfamilienhäusern, die älter als 20 Jahre sind, mit Sicherheit Investitionen im sechsstelligen Euro-Bereich erforderlich. Ein nachträglicher Einbau einer Fußbodenheizung dürfte praktisch nicht realisierbar sein, zumindest würde er den Wohnbereich temporär in den Rohbauzustand versetzen.
Wirtschaftliche Aspekte:
Die Pläne, den Heizungstausch für Millionen von Haushalten in wenigen Jahren durchzuziehen, sind sowohl von der Produktionskapazität für Wärmepumpen her als auch insbesondere, was die Verfügbarkeit der entsprechenden Handwerker betrifft, völlig unrealistisch. Die Gesetze des Marktes bewirken, dass eine überhöhte Nachfrage gegenüber einem knappen Angebot den Preis sowohl für das technische Produkt als auch für die Handwerkerleistung massiv in die Höhe treiben wird. Bei Investitionskosten einer Familie im fünf- oder sogar sechsstelligen Bereich helfen ein paar „Peanuts“ als staatlicher Investitionskostenzuschuss aus der Steuerkasse nicht wirklich weiter. Dürfen wir vielleicht demnächst erwarten, dass eine verspätete „Marie Antoinette“ (m/w/d) aus dem Wirtschaftsministerium auftaucht mit der Empfehlung: „Wie? Sie haben kein Geld, sollen sie doch einen Kredit aufnehmen!“? Den Finanzhaien von BlackRock & Co, ebenso wie einigen Protagonisten aus der gelben Partei, käme eine solche Empfehlung sicherlich zu recht, würde sie ihnen doch die Möglichkeit geben, das im Finanzkasino ergaunerte virtuelle Geld mit realen Werten zu hinterfüttern.
Was bedeutet es wirtschaftlich für den Markt an elektrischer Energie, wenn bei gleichzeitigem Abschalten der Atomkraftwerke, was gerade passiert ist, und geplantem Abschalten von allen Kraftwerken, die Strom mit fossiler Energie erzeugen, also Kohle-, Gas-, Ölkraftwerken, der Bedarf an elektrischer Energie im Winter durch Millionen von neuen Wärmepumpen massiv ansteigt und schwerpunktmäßig durch Windkraft oder Photovoltaik gedeckt werden muss?
Wir haben in den Berechnungen oben gesehen, dass je nach Temperatur im Winter der elektrische Energiebedarf der Wärmepumpenheizungen enormen Schwankungen unterliegt. Ebenfalls starken, und zum Teil entgegengesetzten Schwankungen unterliegt die Produktion von „Zufallsstrom“ durch Windkraftanlagen und Photovoltaik. Das elektrische Verbundnetz verlangt aber, dass zu jedem Zeitpunkt in der Summe genau so viel Energie eingespeist wird, wie am anderen Ende durch alle Verbraucher entnommen wird. Dies ist eine unmittelbare Folge der Tatsache, dass sich elektrische Energie in der hier erforderlichen Größenordnung nicht speichern lässt. Wie also lässt sich dieses schwierige regelungstechnische Problem lösen, wenn es keine Kraftwerke mehr gibt, die man zuverlässig nach akutem Bedarf hoch- oder herunterfahren kann, so dass eingespeiste und entnommene Energiemenge des Netzes im Gleichgewicht sind? Machen wir uns in diesem Zusammenhang klar, dass die Produktionskapazität von Photovoltaikanlagen von der Sonneneinstrahlung, also von Jahreszeit, Tageszeit und Bewölkungsgrad abhängt. Die Stromproduktion einer Photovoltaikanlage während der Nacht ist Null, im Winter tagsüber deutlich kleiner als im Sommer. Die entsprechende Kapazität von Windkraftanlagen hängt von der Windstärke ab. Aus technischen Gründen (siehe hierzu die Grafik in *2)) produzieren Windräder bei Windgeschwindigkeiten unter 3m/s keinen Strom. Starker Frost im Winter ist oft mit einer Hochdruckwetterlage mit geringen Windgeschwindigkeiten verbunden. Wie also kann sichergestellt werden, dass auch im Winter bei minus zehn Grad, noch die Millionen geplanten Wärmepumpenheizungen betrieben werden können, Industrie und Verkehr mit der benötigten elektrischen Energie aus grüner Produktion versorgt werden können? Dazu fällt mir nichts anderes ein als der vorsorgliche Bau gewaltiger Überkapazitäten zur Produktion von grünem Strom, die im Winter unter extremen Bedingungen gerade noch ausreichen, im Sommer aber völlig überflüssig sind, und deren Produktion dann gleich wieder per Umwandlung in Wärme vernichtet wird. Folge des Energieerhaltungssatzes. Eine solche „technische Lösung“ erfordert allerdings gewaltige Investitionen. Investoren erwarten aber, dass Investitions-, Betriebs- und Kapitalkosten über die Laufzeit der Investition amortisiert werden und zusätzlich eine Rendite erwirtschaftet wird. Dies lässt sich in unserem Fall nur durch einen entsprechend hohen Preis pro Kilowattstunde abgenommenen Stroms realisieren.
Mein Elektrizitätsversorger, die Stadtwerke FFB, haben innerhalb eines Jahres den Strompreis um 36% auf 40,7 ct/kWh erhöht. (Angeblich nur grüner Strom; wie man die rein grüne Stromerzeugung in einem europäischen Verbundnetz mit beliebig vielen Einspeisern verschiedenster Provenienz verifizieren will, ist mir unklar, nachdem es meines Wissens weder grüne Elektronen noch Grünfilter zum Herausfiltern derselben gibt!) Welche Strompreise haben wir nach den obigen Überlegungen also in Zukunft zu erwarten? 1€? 2€? 5€/kWh ? Wir sind gerade dabei, uns an eine Inflationsrate von 8% zu gewöhnen. Aber mehr als 50% Inflation ist dann doch wohl etwas heftig.
Soziale und politische Aspekte:
Die obigen Ausführungen legen dar, dass eine in Folge der hohen Inflationsrate und der aufziehenden Deindustrialisierung bereits begonnene Wohlstandsvernichtung für große Bevölkerungskreise durch Realisierung der Habeck’schen Heizungstauschpläne massiv verstärkt würde. Bei industriellen Großprojekten ist es nach meiner Berufserfahrung als Physiker im industriellen Umfeld obligatorisch, vor jeder Entscheidung oder Detailplanung eine „Feasibility Study“ zu erstellen, in der nicht nur die technische Machbarkeit, sondern auch alle wirtschaftlichen Aspekte sowie mögliche (negative) Nebenwirkungen außerhalb des eigentlichen Projektes von Fachleuten unabhängig analysiert werden. Ich erwarte nicht von dem „gelernten“ Kinderbuchautor an der Spitze des Wirtschaftsministeriums, dass er etwas von Physik oder Technik versteht. Wohl aber erwarte ich von ihm, dass er bei der Planung eines technischen und wirtschaftlichen Großprojektes wie dem flächendeckenden Heizungstausch sich von UNABHÄNGIGEN Experten beraten lässt, eine detaillierte Machbarkeitsstudie erstellt und diese vor Verabschiedung eines derart weitreichenden Gesetzes in einer breiten Öffentlichkeit diskutieren lässt. Mir ist nicht bekannt, ob es eine solche Studie gibt. Zumindest ist nichts dergleichen auf der Webseite des Habeck-Ministeriums zu finden. Dass er sich von unabhängigen Fachleuten hat beraten lassen, bezweifle ich. Möglicherweise hat er sich mit dem Familien- und Freundesclan aus der grünen Erweckungsbewegung, der ihn im Ministerium umgibt, eine Barriere geschaffen, die ihn effektiv von der Lebensrealität der Mehrheit des deutschen Volkes abschirmt.
Das kann nicht mehr lange gutgehen !
Inning, d. 14.05.2023
Dr. Robert Zeller
*1) https://energie.ch/content/images/2019/10/waermepumpenvergleich.jpg
*2) https://de.wikipedia.org/wiki/Windkraftanlage#/media/Datei%3APowercurve.png